Skip to content

Zukunftsvisionen

Das Kasernenareal in Chur soll aufleben – eine Idee von Landschaftsarchitekt Benjamin Pally

Das Churer Kasernenareal soll in Zukunft umgenutzt werden. Klar. Nichts Neues. Dass die Bevölkerung sich dazu auch einige Gedanken macht auch nicht. Doch jemand hat sich dieses Thema zu Herzen genommen. Denn: «Chur ist eine Herzensangelegenheit.» Das sind die Worte von Landschaftsarchitekt Benjamin Pally. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit hat er sich im vergangenen Jahr gründlich mit der Gestaltung des Kasernenareals auseinandergesetzt. Und was dabei herausgekommen ist, hat begeistert. Für seine Vision der Umnutzung des Kasernenareals erhielt Benjamin Pally den Preis für die beste Bachelorarbeit im Studiengang Landschafts-
architektur in der Schweiz. Gestiftet wurde dieser Preis vom Bund Schweizer Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen. Und wie sieht diese Vision nun denn aus?

Bei der Erarbeitung seines Plans für das Kasernenareal hat Benjamin Pally vor allem auf eines geachtet – den Platz so zu nutzen, dass viel öffentlicher Raum entstehen kann und trotzdem Platz für Wohn- und Geschäftsflächen bleibt. Damit das gelingt, teilt der Landschaftsarchitekt das Areal in zwei Bereiche. Zum einen in den Bereich, in welchem Wohn- und Geschäftsanlagen entstehen sollen, zum anderen in den Bereich zu öffentlichem Nutzen. Letzterer beinhaltet die Schule, für welche das Kasernengebäude umfunktioniert wird, mit zugehörigen Sport- und Aufenthaltsplätzen. Die Schule soll nicht mit dem Wohnteil verbunden werden, sondern mit einem Park. Dieser Park bietet eine grosse Pflanzenvielfalt, von «Kriasi-» bis hin zu «Öpfelbäum». Die schon bestehende Streuobstwiese zeigt, dass das Areal ein grosses ökologisches Potential aufweist, was durch Ergänzungen noch erhöht werden könnte. «Wie schön wäre es doch, wenn man einfach schnell einen Apfel pflücken, diesen im Brunnen waschen und dann geniessen könnte», lässt Benjamin Pally sich vorstellen. Durch die vielfältige Bepflanzung entstehen verschiedene Themenwelten im Park. Es gelingt, ruhigere, intimere, aber auch aktive Bereiche wie ein Spielplatz oder eine Streetworkout-Zone zu schaffen. Die Pflege des Parks könnte beispielsweise von einem Verein übernommen werden.

Die Stadt hat bereits selbst eine vorläufige Vision des Kasernenareals veröffentlicht. Diese zeigt einen Plan mit sehr vielen Bauten und wenig freien Flächen.  Also genau das Gegenteil zu Benjamin Pallys Vorstellungen. Daher sei es sehr wichtig, dass nicht der Zwischenraum als Freiraum gesehen wird, sondern bewusst Platz dafür freigehalten wird. Der Igiser lebt seit sechs Jahren selbst in Chur und ahnt: «Wenn die Vision der Stadt umgesetzt wird, wie sie bis jetzt aussieht, dann entsteht ein weiteres totes Quartier».
Damit möchte Benjamin Pally die Problematik der fehlenden Grünflächen und Treffpunkte aufzeigen. Besonders auch im Westen der Stadt. So lässt Benjam Pally sich in seiner Vision von den bestehenden Schützengräben inspirieren, was die runden Senkgärten entstehen lässt. Einer davon bildet das Zentrum des Parks. Diesen könnte man dann beispielsweise auch für kleine Feste oder Veranstaltungen nutzen. Auch die Finnenbahn könnte bestehen bleiben und wie bis anhin öffentlich genutzt werden. Das grosse Ziel des Landschaftsarchitekten ist klar. Das Quartier soll aufleben und der Churer Bevölkerung einen Mehrwert bieten.

Die Fläche für Wohn- und Geschäftsanlagen soll stark verdichtet aber trotzdem divers daher kommen. Scheibenhochhäuser mit Blockrand auf Stelzen wie auch Arkaden würden die Durchlässigkeit für Spaziergänger und Spaziergängerinnen zum Park gewährleisten. Auch in diesem Bereich finden diverse Bäume und Pflanzen sowie ein Retentionswasserlauf, also ein Wasserspeicher, zur Abkühlung Platz. «Mit dem Wasser liesse sich das Quartier abkühlen, was ganz im Interesse der Klimadiskussionen steht. Das Stichwort  heisst ‘Schwammstadt’ (Konzept zur Regenwasserspeicherung). Mit den Holzfassaden, Photovoltaikanlagen und Dachgärten, die in meiner Planung zu finden sind, wird das Thema ‘2000-Watt-Gesellschaft’ gestärkt», erklärt Benjamin Pally seine Überlegungen. Urbanität, Freiraum und Ökologie werden somit vereint. Unterstützt durch Materialien aus der Umgebung wie Holz für die Fassaden oder Tonschiefer für den Boden.

In Benjamin Pallys Vision sind hohe Bauten zu erblicken. Dies um, trotz der grossen Grünfläche, genügend Wohn- und Geschäftsräume entstehen lassen zu können. Dabei spricht er auch die wachsende Problematik der fehlenden Unterkünfte für Betagte an. «Hier könnten auch Senioren und Seniorinnen Leben», stellt der Landschaftsarchitekt sich vor.  Und das ist noch nicht alles. Die Umgestaltung des Areals soll auch die umliegenden Quartiere erschliessen. So würde eine Verbindung zum Welschdörfli, dem Bolettaquartier wie auch zur Salvatoren- und Kasernenstrasse und dem Sinergia-Gelände entstehen.

Benjamin Pally ist überzeugt. Die Umsetzung seiner Vision würde Churs Westen um einiges aufwerten. «Es ist wichtig, dass die Bevölkerung sieht, was alles möglich wäre. Denn, es ist zwar noch nichts definitiv, aber oft werden diese Entscheidungen unerwartet schnell getroffen und dann ist es zu spät», möchte Benjamin Pally ans Herz legen. Seine Vision verspricht ein lebhaftes Quartier mit Platz für Ruhe, Sport, Natur und Gesellschaft. Einen Platz für Jung und Alt. Wohnen und Wirtschaft.

Hier finden Sie die Vision der Stadt Chur.