
Landschaften füllen


Die Landkarte ist noch leer. Eine Einladung? Eher ein Befehl. Im Spielbeschrieb von «Der Kartograph» heisst es: «Die nördlichen Reiche sollen endlich urban gemacht und dem Königreich Nalos angeschossen werden. Im Auftrag ihrer Majestät Königin Gimnax sollst du das Land kartieren. In Dekreten gibt die Königin vor, welche Ländereien sie besonders schätzt. Diese zu finden, wird deinen Ruhm beachtlich steigern. Doch du bist nicht allein. Auch die Dragul erheben Anspruch auf das Land. Ziehe deine Grenzen klug und beanspruche den grössten und ruhmreichsten Teil des Landes.»
Und damit sind wir schon mittendrin im Spiel, das 2020 für das Kennerspiel des Jahres nominiert wurde. Die Geschichte wird im Roll-Play-Universum (anderes Spiel des Pegasus Spiele Verlag) erzählt und könnte Anlass für weitere lange Spielenächte geben. Wie dem auch sei. «Der Kartograph» ist ein klassisches «Flip and Write»-Spiel. Wie der Name schon sagt, zieht man Karten und zeichnet Gebiete ein. Das Spielprinzip ist simpel, zu gewinnen dagegen echt schwer.
Im Laufe von vier Jahreszeiten versuchen die Spielerinnen und Spieler, die meisten Ruhmpunkte zu gewinnen. In jeder Jahreszeit gibt es mehrere Runden, wobei diese wiederum aus drei Phasen besteht: erkunden, zeichnen und überprüfen. Nach jeder Jahreszeit findet eine Wertung statt.
Pro Jahreszeit gelten zwei Wertungskarten. In jeder Runde werden verschiedene Erkundungskarten gezogen, nach denen man die eigene Landkarte kartieren kann. Es gibt vier verschiedene Geländearten (Wald, Dorf, Wasser, Acker, Gebirge), dazu Ruinen, für die spezielle Bestimmungen gelten. Und Hinterhalte, die pro Runde extra Spannung ins Spiel bringen. Für nicht umrundete Monsterfelder gibt es Minuspunkte.
Das Spiel in allen Details zu erklären, würde die Zeilen dieser Kolumne sprengen. Grundsätzlich gilt: Karten ziehen, zeichnen und Punkte zählen. Ein Beispiel für die Wertungskarten? Es gibt einen Siegespunkt für jedes Waldfeld, das an vier ausgefüllte Felder (und/oder den Rand) grenzt. Der wichtigste Strategietipp: Minuspunkte vermeiden. Monsterfelder sollten also in jedem Fall vollständig umrundet sein. Wenn man beim Gegner ein Monster einzeichnen kann, macht man das am besten dort, wo noch die meisten Felder frei sind. Ausserdem ist es hilfreich, die Jahreszeiten und ihre Wertungskriterien im Auge zu behalten. Denn jede Wertungskarte wird zweimal gewertet. Bei gewissen Erkundungskarten können ausserdem zusätzliche Siegespunkte gesammelt werden.
«Der Kartograph» ist ein anspruchsvolles Spiel mit einem hohen Wiederspielwert. Durch das zufällige Ziehen der Wertungskarten verändert sich die Dynamik immer wieder. Die Karten sind von einer tollen Qualität und das Design zieht sich durch das gesamte Spiel. Auch die Landkarte ist toll gestaltet. Es empfiehlt sich jedoch, für eine bessere Übersicht mit Buntstiften zu arbeiten. In der Spielanleitung sind zusätzlich eine Variante für einen einfacheren Spieleinstieg sowie ein Solomodus erklärt. Wer nach mehrmaligem Spielen trotz allem noch nicht genug Herausforderung hat, kann die im Spiel enthaltene Fertigkeiten-Erweiterung ausprobieren. Oder mit «Die Kartographin» das Nachfolger-Spiel testen. Insofern ist «Der Kartograph» also nicht nur Befehl, sondern auch Einladung. Viel Spass beim Kartieren.
«Der Kartograph»: ab einer Person spielbar, ab zehn Jahren, Spieldauer circa 45 Minuten. Das Spiel kann im Fachhandel oder online gekauft und auch in der Stadtbibliothek Chur ausgeliehen werden.