Was raschelt denn da …?
Vor ein paar Wochen haben meine Eltern meine Sommerkleider gegen warme Winterkleider getauscht. Mama meinte, dass ich wieder recht gewachsen bin und dass wir neue Kleider kaufen müssten. Buahh, Shoppengehen ist nicht mein Ding. Das mache ich gar nicht gerne. Dazu kommt, dass ich grüne oder braune Kleider bevorzuge, und hier trifft Mama gar nicht meinen Geschmack. Ach, wenn ich an James denke, der braucht gar keine Kleider. Sein Fell schützt ihn vor Nässe und Kälte, und trotzdem ziehen meine Eltern dem armen Hund, wenn es richtig kalt ist, einen Mantel an. Das sieht komisch aus. Armer James.
Andere Zeiten
Heute ist mein Opa zu Besuch und sieht mir meine angespannte Laune an. Er weiss genau, wie er mich aufheitern kann. Er ist oft auf dem Maiensäss und erzählt viel von alten Zeiten. Ach ja, Maiensäss, das muss ich euch unbedingt erzählen. Bei der Eingangstür hatte mein Opa alle drei bis vier Monate meinen Papa und meine Tante Tinchen als Kinder gemessen, wenn sie gewachsen sind. Ist das lustig. Viele Jahre später bin ich nun an der Reihe. Vielleicht kriege ich mal ein oder zwei Geschwisterchen, dann kann mein Papa das weiterführen.
Apropos Kleider: Als mein Opa noch ein ganz kleiner Bub war, mussten alle Geschwister die gleichen Kleider tragen. «Zum Glück waren wir nur Buben», erzählt Opa. «Der Ältere bekam immer die neuesten Kleider zum Tragen und der Jüngste hatte das Nachsehen, aber das waren auch andere Zeiten», sagt mein Opa. Wenn ich daran denke, dass ich ein Zimmer nur für mich alleine habe, und mein Opa das Zimmer mit allen fünf Geschwistern teilen musste, geht es mir schon besser.
Stacheliger Stadtbewohner
Wenn es draussen stürmt und kalt ist, erzählen meine Eltern oft Geschichten von früher. Das ist so interessant, dass die Zeit wie im Flug vergeht. In den Bergen hat es in den letzten Wochen geschneit. Gamsi und Hirschi sowie Vrieli haben sich zurückgezogen und ich sehe sie sehr selten. Damit sie ihre Ruhe haben, gehe ich auch nur selten im Wald spazieren.
James ist ein fauler Hund. Er ist sogar zu faul, um am Morgen früh aufzustehen. Wenn ich zur Schule gehen muss, liegt er noch brav in seinem Bettchen und schläft. James mag ein fauler Hund sein, aber sein Gehör ist ausgezeichnet. Heute Morgen hat er bei uns im Garten etwas leise rascheln gehört. Mit seiner Nase kriecht er im Dickicht zwischen Ästen und Laubblättern und wühlt wie ein Wildschwein. Entweder hat er etwas Essbares gefunden oder ein kleines wildes Tierchen hat sich dort verkrochen. Letztendlich hat sich ein kleiner Igel aus dem Staub gemacht. Meine Eltern haben dort extra viel Laub und Äste zurückgelassen, damit die armen Tiere einen Unterschlupf finden.
Früher lebten Igel auf dem Land, wo es viele reich strukturierte Lebensräume gab. Heute aber wird unsere Landschaft immer eintöniger und so sind sie häufiger in Siedlungsbereichen mit Gärten und Grünanlagen anzutreffen. Inzwischen kommen in Städten bis zu neunmal so viele Igel vor wie auf dem Land. Igel ernähren sich von verschiedenen bodenlebenden Tieren wie Regenwürmern und Insekten wie Ohrwürmern, Käfern oder Raupen. Nach Einbruch der Dunkelheit durchstreifen sie auf der Suche nach Futter oder einem Unterschlupf ihre Reviere und legen dabei in einer Nacht oft mehrere Kilometer zurück. Nun, mein Igel darf bei uns bleiben. Damit es ihm gut geht, sammle ich am Waldrand viele Blätter ein und schütte sie wieder auf seinem Bau auf.
«Maaaatttiiiisss», tönt es vom Weitem. Jetzt muss ich aber spurten. Heute gibt es Capuns, mmhhhh. Das will ich nicht verpassen. An Guata.